[Mo] Auswertung der dritten Runde der 61. MO
Hans-Gert Gräbe
graebe at informatik.uni-leipzig.de
Do Mär 24 21:14:01 CET 2022
Liebe Freunde der Mathematik-Olympiade,
bisher liegt mir nur eine Teilauswertung der dritten Runde der 61. MO
von Sachsen vor. Die dritte Stufe wurde dort dezentral an nur einem Tag
den Schulen geschrieben, dabei wurden die Aufgaben des zweiten Tags
verwendet. Die TN-Zahlen haben sich gegenüber dem Coronajahr 2021 wieder
erholt und liegen bei etwa 70% eines Präsenzwettbewerbs.
Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Gert Gräbe
--
Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Univ. Leipzig, InfAI
Hochschullehrer im Ruhestand
Leiter der Arbeitsgruppe Systematische Innovationsmethodiken
tel. : +49-172-7622013
email: graebe at infai.org
Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe
-------------- nächster Teil --------------
Auswertung Matheolympiade (winter, BK Leipzig 6-8, Stufe 3)
Durchschnittlich erreichte Punktzahl in Prozent der Höchstpunktzahl
Klasse | TN | A1 A2 A3 A4 A5 A6
=============================================
06 | 23 | 80 96 71
07 | 21 | 52 62 33
08 | 18 | 66 42 14
Bemerkungen zu einzelnen Aufgaben:
610634: Das Problem hier ist die Aufgabenstellung selbst. Gibt es überhaupt
eine solche Reihenfolge? Die gibt es hier tatsächlich - aber eher
"zufällig", weil es jeweils eine ungerade Anzahl von Kindern ist (wobei 2
auch möglich wäre). Wenn man die Musterloesung anschaut, so wird überhaupt
nicht darauf eingegangen, dass eine solche Reihenfolge eben nicht immer
existiert. Es wird nur die Gesamtzahl der Ballwechsel ausgerechnet.
Eigentlich löst die Musterlösung eine andere Aufgabe.
Ich hatte in der Erstkorrektur allen Schülern jeweils einen Punkt abgezogen,
wenn sie z.B. bei a) so etwas geschrieben haben wie "Kind 1 wirft zu 2, 3, 4
und 5; Kind 2 dann zu 3, 4 und 5; ...", denn das ist ja nun wirklich nicht
mit EINEM Ball, der IN EINER VORGEGEBENEN REIHENFOLGE einander zuzuwerfen
ist, machbar. Der Punktabzug erfolgte übrigens nicht pro Aufgabenteil,
sondern nur einmal für die gesamte Aufgabe.
Allerdings wurde dies vom Koordinator rückgängig gemacht mit dem Hinweis auf
die Musterloesung, die jedoch nicht die tatsächlich gestellte Aufgabe löst,
wie man ja - übertragen auf das Beispiel von 4 Kindern - sofort sieht.
Wenn man die Schueler einfach ausrechnen lassen will, wie viele Verbindungen
es zwischen $n$ Punkten gibt (dafür steht ja die Musterloesung), dann sollte
man nicht irgendeine gekünstelte Anwendung drüberlegen. Das geht meistens
schief. (Aber so sind halt die modernen Zeiten. Alles muss irgendeinen
Pseudoanwendungsbezug haben.)
Was die Schülerleistungen betrifft, so war die Aufgabe sehr leicht - wenn
man die Reihenfolgenproblematik außer Betracht lässt. Die haben nicht alle
beachtet. Kleine Probleme gab es beim Errechnen des Werts bei 29 Kindern.
(c. fleischhack)
610635: Aufgabe war für die Landesrunde zu einfach. Interessant: Es gab auch
Lösungen mit Hilfe eines Diagramms.
610636: Der Schwierigkeitsgrad war angemessen. Bei der Bruchrechnung wurde
teilweise addiert statt multipliziert.
610734: Ca. 6 Teilnehmer haben eine Gewinnstrategie gefunden, die sich kurz
formulieren lässt. Viele weitere Teilnehmer haben richtig erklärt, wie Mia
spielen kann, um zu gewinnen, ohne aber alle Antwortmöglichkeit von Hannah
zu berücksichtigen. Vielen Teilnehmern fehlt es noch am Verständnis und an
der Technik dafür, dass die Siegmöglichkeit für Mia nachgewiesen werden
soll. Die Aufgabe war angemessen für diese Wettbewerbsstufe.
(k.-d. kuersten)
610735: In der Aufgabenformulierung fehlt die Aussage, dass Ivanka außer den
genannten Summen 103, 122, 141 keine weiteren Summen erhält. Dies machte
eine gerechte Bewertung sehr schwer, zumal die Korrektoren angesichts der
dezentralen Durchführung des Wettbewerbs nicht wissen konnten, welche
Hinweise gegeben wurden. Ca. 4 Teilnehmer sind von der wörtlich verstandenen
Aufgabenformulierung ausgegangen.
Ansonsten wurden die Zahlen von fast allen Teilnehmern gefunden, und in etwa
der Hälfte der Lösungen wurden die gesuchten Zahlen (eventuell mit Lücken in
der Argumentation) eindeutig bestimmt. Ungleichungen zwischen den Zahlen
wurden sehr selten verwendet.
Mit genauerer Formulierung wäre diese Aufgabe angemessen für diese
Wettbewerbsstufe. (k.-d. kuersten)
610736: Fast alle Teilnehmer haben die Übereinstimmung in jeweils zwei
entsprechenden Seitenlängen bemerkt, aber den weiteren wesentlichen
Lösungsschritt haben nur ca. 4 von ihnen (mit jeweils individueller Idee)
gefunden.
Die Aufgabe war angemessen. Sie war eigentlich leicht, aber geometrische
Kenntnisse sind vermutlich im Teilnehmerkreis noch nicht weit entwickelt.
(k.-d. kuersten)
610834: Die Aufgabe war als Einstiegsaufgabe gut geeignet. Mehr als die Hälfte
der Teilnehmer kamen gut bis sehr gut mit der Aufgabe zurecht. Der
Schwierigkeitsgrad war angemessen. Aufgrund der Redundanz einiger
Voraussetzungen und möglicher Abschätzungen, die aus den Währungsangaben
direkt ablesbar waren ($1S > 10H$, $1G > 17S$), gab es viele verschiedene
sinnvolle Lösungsansätze. Einige Teilnehmer hatten das Problem, den
Gewinnanteil als Produkt aus Wert und Dauer der Anlage zu erkennen.
(a. schueler)
610835: Die Aufgabe ist gut verständlich. Nur 1-2 Schüler haben nicht
beachtet, dass bei den Zahlen mit Ziffer 1 auch die Zahlen 1-99 mitgezählt
werden.
Die Einstiegshürde für die Schüler ist sehr klein. Sie können durchaus mit
Probieren starten und dabei auch Lösungen finden.
Aus dem Probieren entstehen dann sehr viele verschiedene Ideen, wie man das
systematisieren und ordentlich begründen kann. Ich war wirklich überrascht
wie viele verschiedene Strategien die Schüler hier gefunden haben (z.B. von
oben zählen, von unten zählen, grafisch, in Zweierschritten, mit Tabellen,
mit einer Gleichung).
Mit dem Probieren, Systematisieren und Begründen sind die Schüler auch sehr
verschieden weit gekommen, womit die Aufgabe gut streut. Dabei gab es auch
alle möglichen Konstellationen (von richigen Lösungen, aber (fast) keine
Begründung bis (fast) die komplette Begründung, aber nicht alle oder falsche
Lösungen).
Eine Schwierigkeit für die Schüler ist sicher, dass sie in den meisten
Lösungen relativ oft die Zahlen mit mindestens einer Ziffer 1 bis zur Zahl
$x$ bestimmen. Dabei passieren dann leicht mal kleine Fehler, womit doch ein
paar Schüler auf knapp falsche Lösungen gekommen sind (z.B. 162 statt 160).
(s. kuersten)
610836: Diese Aufgabe war sehr schwer; nur vier von 20 Teilnehmern haben Teil
a) der Aufgabe gelöst. Teil b) wurde von keinem gelöst.
Ein sehr verbreiteter Fehler beim Beweisen von a) lag darin, dass
irgendwelche bekannten Parallelogrammeigenschaften als gegeben angenommen
wurden (etwa die Parallelität der Geraden AI und BH bzw. AH und BI; oder M
ist MIttelpunkt von Strecke HI). Daraus wurde dann abgeleitet, dass die
Nebenwinkel sich zu 180° ergänzen oder die Gegenwinkel gleich sind, also
weitere Parallelogrammeigenschaften. Die Voraussetzungen der Aufgabe (IC ist
Durchmesser des Umkreises, H ist Höhenschnittpunkt) wurden oft völlig
ignoriert. Viele scheiterten schon am Erstellen einer sauberen, großen,
aussagekräftigen Skizze - viele Skizzendreiecke waren fast gleichseitig.
(a. schueler, c. fleischhack)
Auswertung Matheolympiade (schaefer, Sachsen 9-12, Stufe 3)
Durchschnittlich erreichte Punktzahl in Prozent der Höchstpunktzahl
Klasse | TN | A1 A2 A3 A4 A5 A6
=============================================
09 | 33 | 48 56 23
10 | 29 | 55 81 29
11 | 20 | 58 25 26
12 | 13 | 77 40 19
Bemerkungen zu einzelnen Aufgaben:
610936: Mit Teil a) gab es kaum Probleme, wenn man Termumformungen
beherrschte. Erschreckend allerdings, dass 4 der 30 Teilnehmer, die die
Aufgabe überhaupt bearbeitet haben, da abenteuerliche Vorstellungen hatten.
Bei Teil b) wurde oft erkannt, dass die Ungleichung für $a\le 1/3$ dann auch
gilt (noch kein Punkt). Einige TN haben wenigstens zielgerichtet umgeformt
und waren dann in der Lage zu zeigen, dass die Ungleichung für $a\ge 1$ (1
TN), für $a\ge 1/2$ (1 TN) nicht gilt oder für $a\le 2/5$ (1 TN) gilt. Kein
TN hat den Charakter einer quadratischen Funktion erkannt und folglich
fehlten stets wenigstens 4 Punkte.
611036: Als Aufgabe 6 hat die Aufgabe korrekterweise den Anspruch, schwer zu
sein.
c) Von den meisten Schülern konnte ein Gegenbeispiel erbracht werden. Es
war nicht trivial, aber dennoch recht einfach zu erledigen, also zwei
leichte Punkte.
a) Die Schüler haben meistens herausgefunden, dass die Münzwerte von einer
zur nächsten Zahl mindestens das Zweifache betragen und dass das wohl die
Bedingung sei, weshalb der Algorithmus funktionieren würde. Dass es für
diese Aussage ein Gegenbeispiel gibt (1, 4, 9 und daraus 12 = 9+1+1+1 =
4+4+4), hat dann natürlich die Argumentation, die auf dem "mindestens
Zweifachen" fußte, sofort zunichte gemacht. Es gab zwei zaghafte Ansätze,
über einen indirekten Beweis und eine "Lückendiskussion" zum Ziel zu kommen,
beide wurden honoriert, aber der Beweis war dennoch nicht perfekt
ausformuliert.
b) Wer in a) einen falschen Ansatz gewählt hat und das in b) verallgemeinern
will, kommt natürlich nicht zum Ziel.
Fazit: Wenn eine Musterlösung (die bekanntermaßen normalerweise eher kurz
und knackig gehalten wird) mehr als eine dichtbeschriebene A4-Seite Text
enthält, sollte man hinterfragen, ob diese Aufgabe für eine 3. Stufe
geeignet ist. Ich fand die Aufgabe jedenfalls nicht passend und habe mich
auch nicht darüber gewundert, dass die Schüler mehrheitlich "Angstprosa"
abgeliefert haben. Das Ergebnis, dass bis auf 2 Lösungen sämtliche Arbeiten
mit 0-2 Punkten bewertet werden mussten, zeigt, dass die Aufgabe zu schwer
war. Es war noch nicht der "Pirlsche Hammer" aber gefühlt nahe dran ;)
(m. kugel)
611235: Zur Aufgabenstellung: Schwierigkeitsgrad angemessen. Nicht so viel
Geometrie, aber gut kombiniert mit einer Rechenaufgabe. Lässt sehr viele
verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu. Im Prinzip musste man nur genügend
viele Gleichungen zu den 3 Radien und zu den Seiten des Dreiecks BPF
aufstellen. Geschickte Auswertung und zielgerichtete Umformung führte dann
fast immer zum Ziel.
Zu den Schülerlösungen: Die vielen Lösungsmöglichkeiten wurden genutzt, kaum
zwei auch nur ähnliche Lösungen. Oft unvollständige Begründung einzelner
Schritte, überwiegend liederliche Skizzen. Rechenfehler bzw. Fehler bei
notwendigen Umformungen. Originelle Lösungen über Tangensfunktion
bzw. Inkreisradius. (m. ketelsen, u. hutschenreiter, a. noack)
611236: Diese Aufgabe wurde von keinem Schüler vollständig gelöst. Im
Durchschnitt gab es 1/5 (in Klasse 12) bzw. 1/4 (in Klasse 11) der
Punktzahl. Die Aufgabe war für eine Landesrunde zu schwer, für eine
Bundesrunde wäre sie angebracht.
Paritätsuntersuchungen wurden gemacht, aber oft nicht ausreichend. Bei der
vereinfachten Gleichung $n^4 = 2k(k+1)$ wurde die Teilerfremdheit meist
nicht erkannt und damit auch nicht die wichtige Zerlegung in zwei vierte
Potenzen auf der rechten Seite. Wenige Schüler stellten
Kongruenzbetrachtungen modulo 2,4,5,8,10 an und erhielten, dass $n$ durch 10
teilbar sein muss. Die dahinterstehende Pellsche Gleichung $1+ 2n^2 =m^2$
wurde als solche nicht erkannt. (a. schueler)
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